Aufbereitung der Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit der Arbeitsverwaltung inklusive der Erkenntnisse aus Schulungen der MO
CLUB DIALOG e.V. Berlin
- Beginn der Kooperation mit der Arbeitsverwaltung Anfang der neunziger Jahre -
In der langjährigen Geschichte des Club Dialog Berlin gab es bereits in den frühen 90er Jahren die ersten Formen der Zusammenarbeit mit den damaligen Arbeitsämtern und den zuständigen Berliner Senatsverwaltungen für Arbeit und Soziales sowie für Bildung und Wirtschaft.
Mit der Wiedervereinigung Deutschlands und Berlins erhielt der 1988 gegründete Club Dialog e.V. durch die erhebliche Zuwanderung russischsprachiger Menschen neue Aufgaben.
Die neuzugewanderten Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion mit zum Teil sehr unterschiedlichen kulturellen, sozialen, religiösen und geographischen Wurzeln benötigten nach ihrer Ankunft in ihrer neuen Heimat Berlin eine möglichst umgehende und umfangreiche Unterstützung und Orientierung sowohl in Alltagsfragen sowie im Besonderen, bei der Überwindung bevorstehender Hürden auf ihrem Weg in den deutschen Arbeitsmarkt.
In der Folge wandten sich staatliche Berliner Stellen an den Club Dialog e.V. und baten um Unterstützung bei der Integration der Neuankömmlinge.
Der Club Dialog e.V. sah sich in der neuen Rolle eines Mediators zwischen den Interessen, Wünschen und Hoffnungen der russischsprachigen Zugewanderten und den Angeboten und Möglichkeiten der deutschen Arbeitsverwaltung.
So lag es nah, dass sich der Club Dialog e.V. von einem eher kulturell ausgerichteten Verein bei seiner Gründung 1988 in einen Anbieter von beruflicher Orientierung, Beratung und Bildung umstellen musste. Mitarbeitende des Club Dialog e.V. standen vor der Aufgabe, sich für sie neue Materie einzuarbeiten, um möglichst schnell die vielen Anfragen der neuen Ratsuchenden bewältigen zu können. Dieses war nur durch die gezielte Zusammenarbeit mit den Berliner Arbeitsagenturen und den Ressortleitungen der beteiligten Senatsverwaltungen möglich. Die Mitarbeiter/-innen der Arbeitsagenturen waren nicht nur aus sprachlichen und kulturellen Gründen nicht in der Lage, sich auf die Bedarfe dieser Zielgruppe einzustellen. Es fehlte ihnen auch das Wissen und das erforderliche Einfühlungsvermögen für die besondere Situation der Ratsuchenden, die aus einem gänzlich anderen politischen und sozialen Umfeld stammten.
Die Bereitschaft, die Mitarbeitenden des Club Dialog e.V. als anerkannten Kooperationspartner einzubeziehen, war insbesondere auf der Leitungsebene der Arbeitsverwaltung schon zu Beginn der 90er Jahre vorhanden.
Folgerichtig wurden in Abstimmung mit der Arbeitsverwaltung und in Kooperation mit Bildungsträgern Sprach- und Computerkurse sowie umfängliche Maßnahmen der beruflichen Orientierung in verschiedenen Berufsbereichen für Jugendliche und Erwachsene entwickelt und erfolgreich durchgeführt.
Auf Grund der anhaltenden Zuwanderung russischsprachiger und anderer Immigranten/-innen stieg mit Beginn der 2000er Jahre die Nachfrage nach beruflicher Orientierung, individueller Beratung sowie nach Fort- und Weiterbildung, so dass in Absprache mit der Berliner Arbeitsverwaltung und den zuständigen Senatsverwaltungen neue Maßnahmen beruflicher Orientierung konzipiert und umgesetzt wurden. Es wurde ein „Integrationscollege für Jugendliche und Erwachsene“ sowie das Modellprojekt „Fahrplan Integration“ gegründet. Mit beiden Projekten wurden den arbeitslosen Ratsuchenden ein individuelles Profiling mit entsprechender beruflicher Orientierung sowie ein modular aufgebauter Unterricht, ein längerfristiges Mentoring sowie die gezielte Unterstützung bei der Vermittlung in Ausbildung und Arbeit angeboten.
- Fazit und Empfehlungen -
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass fast 30-jährige Arbeit des Clubs Dialog im Bereich der Arbeits- und Berufsförderung nunmehr Früchte trägt und seine Arbeit und die Beraterinnen und Berater von Seiten der Arbeitsverwaltung und anderen staatlichen Stellen als gleichwertige Partnerinnen und Partner anerkannt werden.
- Anerkennung als Partnerorganisation -
Dieser Erfolg des Club Dialog ist auf die langen Jahre der professionellen, konstanten und hartnäckigen Bemühungen seiner Geschäftsleitung und der Mitarbeitenden zurückzuführen. Sicherlich spielt auch eine gewichtige Rolle, dass die russischsprachige Community Berlins eine der größten Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund der Stadt darstellt und der Club Dialog über eine entsprechende gesellschaftliche und mediale Präsenz und Mitarbeiterstärke verfügt.
- Öffnung der Migrantenorganisation für andere Gruppen -
Ein weiterer wichtiger Aspekt für die erfolgreiche professionelle Arbeit ist die Tatsache, dass sich der Club Dialog e.V. auf Grund seiner Ausrichtung und seiner Angebote auch an Migrantinnen und Migranten nicht russischsprachiger Herkunft wendet und sich auf diese Weise sukzessive zu einer transethnischen Organisation entwickelt hat, die in weiten Teilen der gesamten Bevölkerung mit Migrationshintergrund bekannt ist und geschätzt wird.
Die Öffnung und Hinwendung zu anderen Bevölkerungsgruppen und Migrantenverbänden zeigt sich auch in den zahlreichen Kooperationen des Club Dialog e.V. in Netzwerken und Gremien erfordert allerdings die Bereitschaft zu einem hohen personellen und persönlichen Einsatz aller Mitarbeitenden.
- Weitere Vernetzung der Migrantenorganisationen -
Idealerweise sollte die Vernetzung der Migrantenorganisationen in Zukunft noch intensiver gestaltet werden als bisher.
Nicht alle Migrantenorganisationen haben die gleichen Möglichkeiten und die finanziellen und personellen Kapazitäten, um stetig wachsen zu können. Viele der Einrichtungen sind kleine Vereine, die eine einzige Ethnie, Kultur oder Nation repräsentieren und auf rein ehrenamtlicher, ideeller Basis arbeiten. Gerade diese kleinen Vereinigungen könnten durch eine entsprechend abgestimmte Netzwerkarbeit von der Infrastruktur und den Angeboten großer Organisationen profitieren, die sie selbst nicht vorhalten können. Das erfordert einen hohen Organisationsgrad der Netzwerke, wäre aber durch die Einführung eines themenorientierten Online-Verzeichnisses über Dienstleistungen wie beispielsweise aktuelle Beratungs- und Qualifizierungsangebote, die bei einzelnen Migrantenorganisationen existieren mit relativ geringen Aufwand möglich.
- Benennung von Beauftragten der Migrantenorganisationen -
Sinnvoll wäre, zumindest in den größeren Organisationen, eine Person in den Migrantenverbänden als Multiplikator/-in für die Netzwerkarbeit einzusetzen. Diese Person könnte als Ansprechpartner/-in für andere Migrantenorganisationen fungieren, wichtige Informationen strukturieren und weiterleiten und in Gremien und Netzwerken die eigene und ggf. auch andere Organisationen repräsentieren.
Gleichzeitig könnte sie Beauftragte/-r für die Kooperation mit staatlichen Stellen wie den Arbeitsagenturen und Jobcentern sein und insbesondere mit den Integrationsbeauftragten dieser staatlichen Stellen eng zusammenarbeiten. Damit wäre eine Kontinuität in der Zusammenarbeit auch bei Personalwechsel sowohl in den Migrantenorganisationen als auch in den Agenturen und Jobcentern sichergestellt.
Darüber hinaus könnten die Beauftragten vorhandene Kooperationsvereinbarungen mit der Leitungsebene z. B. eines Jobcenters abstimmen und Handlungsinstrumente der Zusammenarbeit in regelmäßigen Abständen prüfen, überarbeiten sowie ggf. optimieren
Schließlich wären auch gemeinsame Aktivitäten der Öffentlichkeitsarbeit beispielsweise in ethnischen Medien sinnvoll. Sowohl die Migrantenorganisationen als auch die Institutionen der Arbeitsverwaltung könnten dadurch Zielgruppen leichter erreichen, Informationen vermitteln und ihr Bestreben nach Partizipation aller Gruppen der Gesellschaft deutlich machen.
- Finanzielle Ausstattung der Migrantenverbände -
Unabdingbare Voraussetzung für die Professionalisierung der Arbeit der Migrantenorganisationen ist es allerdings, deren finanzielle Ausstattung zu verbessern.
Bei Weiterbestehen der aktuellen finanziellen Verhältnisse in vielen Migrantenorganisationen ist an eine effektivere Arbeit weder in den Migrantenorganisationen selbst noch an einer grundlegenden Verbesserung dieser in der Kooperation mit der Arbeitsverwaltung und anderen staatlichen Stellen nicht zu denken.